Was ist Airport CDM?
Der Begriff Airport CDM steht für „Airport Collaborative Decision Making“ und ist ein europäisches Verfahren, das die Zusammenarbeit zwischen allen an der Flugzeugabfertigung beteiligten Partnern und Partnerinnen sowie dem Netzwerkmanagement von Eurocontrol verbessert.
Durch einen umfassenden Daten- und Informationsaustausch sollen Entscheidungsprozesse transparenter und für alle Beteiligten planbarer gestaltet werden. Hierdurch sollen Verspätungen minimiert und der infrastrukturelle und personelle Ressourceneinsatz optimiert werden.
Die wesentlichen Partnerinnen und Partner in diesem Prozess sind:
- der Flughafenbetreiber
- der Flugsicherungsdienstleister
- die Flugzeugbetreiber bzw. Fluggesellschaften
- die Abfertigungsgesellschaften
- die Bodenverkehrsdienste
- das Netzwerkmanagement von Eurocontrol
Ein fortwährender Datenaustausch von Ankunfts- und Abflugzeiten zwischen dem Airport CDM-Flughafen und dem Netzwerkmanagement von Eurocontrol (NMOC) gewährleistet, dass alle Abflüge möglichst passgenau in den Verkehrsfluss des europäischen Luftraums eingebunden werden.
Das Airport CDM-Verfahren umfasst den Zeitraum 3 Stunden vor EOBT (Erwartete Abrollzeit) bis zum Start eines Fluges. Hierbei wird der gesamte Umdrehprozess eines Luftfahrzeugs während dieses Zeitraums in diverse Meilensteine unterteilt.
Vorteile des Airport CDM-Verfahrens
Durch die Anwendung des Airport CDM-Verfahrens ergeben sich für alle Beteiligten unmittelbar Vorteile. Durch die positiven Effekte auf das europäische Netzwerk fördern die Airport CDM-Flughäfen einen möglichst effizienten Luftverkehr in Europa.
Verbesserte Vorhersagbarkeit von Abflugzeiten
Durch die Transparenz des Prozesses am jeweiligen Flughafen und den ständigen Datenaustausch mit dem Netzwerkmanagement von Eurocontrol, stehen allen Beteiligten zu jedem Zeitpunkt die aktuellen Zielzeiten für den Abflug eines Fluges zur Verfügung. Insbesondere bei Kapazitätsengpässen im europäischen Luftraum können auf diese Weise optimierte Abflugzeiten (CTOT – Calculated Take-off Time) zugewiesen werden.
Effizientere Nutzung von Ressourcen
Sowohl für die bedarfsgerechte Nutzung der Flughafeninfrastruktur (z.B. Parkpositionen, Gates), als auch für einen effizienten Personaleinsatz bei der Flugzeugabfertigung sind verlässliche und allgemein verfügbare Informationen unerlässlich. Das Airport CDM-Verfahren gewährleistet für alle Beteiligten durch verbindliche Zielzeiten eine bestmögliche Planungsgrundlage.
Bestmögliche Auslastung vorhandener Kapazitäten
Insbesondere zu den Stoßzeiten, aber auch bei Engpässen in überlasteten Lufträumen ist eine möglichst optimale Auslastung der vorhandenen Kapazitäten ein wichtiges Ziel. Mit Hilfe von Airport CDM können Kapazitätseinschränkungen am Flughafen, zum Beispiel durch Wettereinflüsse, bestmöglich abgearbeitet werden. Dies gilt in den Wintermonaten unter anderem auch für die Durchführung der Flugzeugenteisung. Durch die kontinuierliche Übermittlung der geplanten Abflugzeiten an das Netzwerkmanagement wird Eurocontrol in die Lage versetzt, eine bedarfsgerechte Verkehrsflusssteuerung für alle Luftraumnutzende vorzunehmen.
Reduzierung der Triebwerklaufzeiten
Das Airport CDM-Verfahren führt ein zeitgerechteres Anlassen der Triebwerke für den Abflug eines Flugzeugs ein. Das Ziel besteht darin, die Wartezeiten von Luftfahrzeugen mit laufenden Triebwerken an der Piste zu reduzieren. Hierzu werden unter anderem individuelle Prognosezeiten für die Dauer des Rollvorgangs von der Parkposition zur Piste verwendet. Zukünftig erhält ein Luftfahrzeug nur dann eine Anlassfreigabe für die Triebwerke, wenn es nach dem Triebwerkstart und dem Rollen zur Piste verzögerungsfrei starten kann.
Airport CDM in Stuttgart
Im August 2010 wurde das Projekt durch eine gemeinsame Absichtserklärung der beiden Projektbeteiligten, Flughafen Stuttgart GmbH und DFS Deutsche Flugsicherung GmbH, ins Leben gerufen. Die Zielsetzung bestand in der Einführung des Airport CDM-Verfahrens am Flughafen Stuttgart unter Berücksichtigung der europäischen Vorgaben und den Erfahrungen der bestehenden deutschen Airport CDM-Projekte.
Das gemeinsame Projektteam der FSG und der DFS erarbeitete zwischen November 2010 und September 2013 eine detaillierte Verfahrensbeschreibung inklusive den technischen Anforderungen an bestehende und neu einzurichtende Systeme. Die benötigten IT-Systeme und Schnittstellen wurden Ende Mai 2014 ausgeliefert.
Am 14. Juli 2014 begann zunächst ein lokaler Testbetrieb des Airport CDM-Verfahrens ohne Datenaustausch mit dem Netzwerkmanagement von Eurocontrol. In den darauf folgenden Wochen wurde der umfangreiche Datentransfer mit Eurocontrol in mehreren Schritten getestet und, sofern notwendig, technisch angepasst. Am 4. Oktober 2014 wurde die Einführungsphase von Airport CDM am Flughafen Stuttgart abgeschlossen. Seither zählt der Flughafen Stuttgart zum erlesenen Kreis der vollständig implementierten Airport CDM-Flughäfen in Europa.
Meilensteine und Alarme
Der Airport-CDM Prozess unterteilt den Zeitraum EOBT -3h in mehrere Meilensteine. Zu jedem dieser Meilensteine sind bestimmte Verfahrensschritte definiert.
Zentrales Element des Airport-CDM Verfahrens ist das Versenden von Warnmeldungen / Alarmen (Alerts) an die flugzeugbetreibenden Firmen beziehungsweise TOBT-Verantwortlichen bei allen auftretenden Prozessstörungen. Diese Alarme sind in 3 unterschiedliche Kategorien unterteilt und haben damit eine sehr unterschiedliche Gewichtung:
rot = Der Airport-CDM Prozess ist für diesen Flug unterbrochen.
gelb = Der Airport-CDM Prozess wird für diesen Flug nicht unmittelbar unterbrochen. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte dies jedoch der Fall sein. Aus diesem Grund wird eine Reaktion des Flugzeugbetreibenden beziehungsweise des TOBT-Verantwortlichen erwartet.
grün = Der Airport-CDM Prozess ist nicht gefährdet. Dennoch liegt eine wesentliche Information für den Flugzeugbetreibenden beziehungsweise TOBT-Verantwortlichen vor. Die Situation sollte idealerweise geklärt werden.
Übersicht Meilensteine